Finanzen
Immer wieder ist in den Medien zu hören, dass die Prokopfverschuldung der Bundesbürger wieder gestiegen ist, oder, dass die Anzahl der Privatinsolvenzen zugenommen hat. Es wird aber auch darüber berichtet, dass die Lebenshaltungskosten, die Mieten und die Steuern steigen und heute mehr Kinder denn je zuvor in Armut leben. Und das nicht etwa in der dritten Welt, sondern hier in Deutschland. Unsere Gesellschaft hat sich zu einer Ausgaben- und Konsumgesellschaft entwickelt. Ständig wird uns auf großformatigen Werbeflächen, in Zeitschriften und Fernsehen oder im Internet suggeriert, dass wir unbedingt das entsprechende Produkt brauchen. Die Werbung nutzt unsere Assoziationsfähigkeit um uns ein gutes Lebensgefühl mit samt dem Produkt zu verkaufen. Wer fühlt sich nicht gerne gut?
Die Werbung teilt Menschen Zielgruppen auf um so Produkte zu entwickeln die genau auf die Bedürfnisse dieser Menschen zugeschnitten sind. Sollten die Betroffenen noch nicht wissen, dass sie das Produkt wirklich zum Leben brauchen, wird die Werbetrommel so lange und zum Teil so aggressiv gerührt, bis auch die Kleinsten den Werbeslogan, ich bin doch nicht doof, endlich glauben.
So sind wir, was Geld und Geldausgaben betrifft zum einen durch unsere Umwelt beeinflußt und zum anderen natürlich durch die Prägungen aus unserem Elternhaus. Vielleicht kommen wir aus einer Familie in der nie finanzielle Not herrschte. Es kann aber auch sein, dass es in der Herkunftsfamilie immer einen Mangel an finanziellen Mitteln gab und das Thema Schulden allgegenwärtig war.
Das Ziel in einer Ehe sollte finanzielle Freiheit sein. Finanzielle Freiheit bedeutet nicht, viel Geld zu haben. Sie ist Ausdruck eines Lebensstils. Um solch eine finanzielle Freiheit zu erlangen, ist es von großer Bedeutung einen angemessenen und gesunden Umgang mit Geld zu erlernen. Dieser Abschnitt soll ein Verständnis vermitteln wie wichtig das ist und wie ein gemeinsames Konzept zum Thema Geld erarbeitet werden kann.
Es gibt das Sprichwort: „Beim Geld hört die Freundschaft auf.“ Das zeigt, dass es sich bei diesem Thema um ein sehr persönliches Thema handelt. Es ist ein Lebensbereich, den man gerne so gestaltet wie man es persönlich für richtig hält. Es bedarf also eines gewissen Vertrauens, sich gegenseitig in die “Karten“ schauen zu lassen. Daher ist es wichtig im Bezug auf den Partner und seine Einstellung, sensibel zu sein.
Um ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten, sollte der Prozeß nicht durch kritisieren oder Rechthaberei erschwert werden. Das Erarbeiten eines Konzepts bedeutet nicht, dass es von heute auf morgen umgesetzt werden muss oder dass jeder sein komplettes Geld sofort in einen gemeinsamen Topf wirft. Sinn eines Konzeptes ist es, offen zu legen was jeder Einzelne über das Thema Geld denkt, welche Prägungen und Einstellungen er dazu mit in die Beziehung bringt und was für ein gemeinsamer Umgang mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln gefunden werden kann.
So verschieden wie Menschen sind, so unterschiedlich ist auch ihr Verständnis vom Umgang mit Geld. Gerade deshalb kommt es bei diesem Thema oft zu Streitigkeiten oder es kommt erst gar keine offene Kommunikation zustande.
Zum Beispiel gibt es den “Sparertyp“, der aus einem Sicherheitsdenken heraus jeden Cent zur Seite legt. Dem gegenüber steht der “Lebetyp“, der sein Geld mit vollen Händen ausgibt und das Leben so genießt. Beide Einstellungen haben sicher ihre Berechtigung und sollten deshalb nicht gewertet werden, da sie genauso wie viele andere Einstellungen von uns, von unserem Elternhaus geprägt wurden. Sollten die oben genannten Typen jedoch eine Ehe eingehen, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit zu Konflikten im Bereich Finanzen kommen.
Natürlich ersetzen die folgenden Tipps nicht eine fachlich kompetente Beratung eines Finanzexperten. Auch ist es ratsam, bei Schulden, Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen.
Eine Strategie muss her!
Zunächst ist es empfehlenswert sich dieses Thema strukturiert zu erarbeiten. Dazu ist ein sogenannter Finanzplan sehr hilfreich. Dieser Plan zeigt konkret auf wieviel Geld in den einzelnen Lebensbereichen ausgegeben wird und wohin es fließt. Es wird schnell klar, ob über die finanziellen Verhältnisse hinaus gelebt wurde oder wird. Es wird auch sichtbar, ob es Ausgaben gibt die gestrichen werden können. Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen kann nun gemeinsamem ein realistischer und maßvoller Lebensstil erarbeitet werden.
Die Gründe dafür warum wir Geld ausgeben sind im Ansatz in unseren Bedürfnissen begründet. Es gibt verschieden Bedürfnisse. Von dem Grundbedürfnis zu essen und zu trinken, bis hin zu dem Wunsch ein großes teures Auto zu fahren. Das Eine ist absolut notwendig zum Überleben und das Andere ist Luxus.
Grundsätzlich gibt es drei Ebenen auf denen wir uns bei Geldausgaben bewegen
Grundbedürfnisse - wichtig und notwendig zum Überleben:
Dazu gehören zum Beispiel Lebensmittel, Kleidung, Wohnung, Beruf, Versicherungen u. ä.
Wünsche - weniger wichtig:
Wünsche müssen sich dem Sachzwang der finanziellen Mittel unterordnen. Das heißt ich kann nur das Ausgeben was ich zur Verfügung habe. Das Kleidung notwendig ist wird niemand bestreiten, ob es allerdings beispielsweise ein Markenkleidungsstück sein muss oder auch ein günstigeres No-Name Kleidungsstück ausreichend ist, sollte sich danach richten wieviel Geld zur Verfügung steht.
Sonderwünsche/Luxus - nicht notwendig zum Überleben.
Darunter versteht man zum Beispiel Luxusreise, Luxusautos, teure Kleidung, immer auf dem neusten technischen Stand bei TV, DVD-Player, PC, Playstation, Handy, teure Kosmetika, teuer Ausgehen abends, etc.
Diese Wünsche können nur aus einem finanziellen Überfluss bezahlt werden. Und das bedeutet, dass zuerst die Grundbedürfnisse gestillt sein sollten.
Der Finanzplan - Klarheit schaffen und die aktuelle finanzielle Situation sichtbar machen
Dieser Plan sollte sinnvollerweise in verschieden Kategorien aufgeteilt sein. Nur so wird klar, welche Ausgaben wichtig und notwendig sind und welche nicht wichtig und auch nicht notwendig sind. Die im folgenden genannten Bereiche sind Vorschläge und die Prozentzahlen beziehen sich auf 100% des monatlichen Gesamteinkommens und sind nur als Anhaltspunkte zu sehen.
Prozentuale Verteilung der einzelnen Ausgaben bei der Erstellung eines Finanzplans:
30 % Unterkunft: |
Miete, Strom, Wasser, Gas, Öl, Nebenkosten, Anschaffungen für den Haushalt und Reparaturen |
25% Haushalt: |
Lebensmittel und Kleidung (kann auch 30 % einnehmen, wenn Kinder vorhanden sind) |
10% Mobilität: |
Auto (dazu zählen auch Wartung und Abzahlung), Benzin/Diesel oder öffentliche Verkehrsmittel |
15 % Freizeit und Unterhaltung |
Zeitung, Bücher, Ausgehen, Kino, Telefon, Handy, Geschenke, Spenden und Hobbies |
5 % Rückzahlung von Darlehen und Krediten |
15 % Jahresausgaben umgelegt auf einen Monat |
Versicherungen (z.B. Hausratversicherung, Lebensversicherung, Autoversicherung und Kfz-Steuer, Altersvorsorge, Urlaub, Spareinlagen, etc. |
Ratschläge und Prinzipien im Umgang mit Geld
Regelmäßig offen über die finanzielle Situation austauschen
Nur wer weiß wie viel Geld er für was ausgibt, hat jederzeit die Kontrolle ob er über die Verhältnisse hinaus lebt. Stichwort: Finanzplan
Das Saat-Ernte-Prinzip:
Wer Schulden sät, wird Probleme ernten.
Geld das man nicht hat, kann und sollte man nicht ausgeben! Auch wenn uns die Bank, die Werbung und die Medien immer wieder vorspielen, dass dies gehen würde.
Es ist leichter sich an einen “normalen“ Lebensstil zu gewöhnen, als sich von einem völlig “abgehobenen“ Lebensstil zu entwöhnen.
Am Anfang des Monats sollte ein festes Taschengeld verinbart werden. So hat man eine Übersicht und kommt nicht in die Versuchung mehr auszugeben.
Setzt “Plastikgeld“ dosiert und wohl überlegt ein. Vor allem Kreditkarten. Bei Kreditkarten kommt die Rechnung erst am Monats- oder Quartalsende. Das kann ein böses Erwachen geben.
Sonderwünsche immer gemeinsam besprechen. Es ist sicher in Ordnung sich etwas Besonderes zu gönnen, aber eben nur wenn beide damit einverstanden sind und es finanziell dem Rahmen nicht sprengt.
Praktische Übung zum Finanzplan Schreibt die oben genannten Bereich in eine Tabelle. Rechts die Bereiche und links daneben die entsprechenden Ausgaben. Am Ende werden die Ausgaben zusammengezählt und den Einnahmen (Gehalt etc.) gegenüber gestellt. Besprecht gemeinsam das Ergebnis. Das Ziel ist eine Einigkeit über die Ausgaben zu haben. Diese sollten jedoch auf keinen Fall die Einnahmen übersteigen. Ist das der Fall, müssen die Ausgaben überprüft werden um zu sehen in welchen Bereichen Sparpotential liegt. Bei Ausgaben die nicht zur Stillung der Grundbedürfnisse zählen, ist besondere Aufmerksamkeit gefordert. In diesen Bereichen sollte man sich selbstkritisch fragen: Will ich es oder brauche ich es wirklich zum leben?
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Vertiefungsfragen zum Thema Finanzen
Hinweis zur Bearbeitung der Fragen:
Wie bereits erwähnt ist Geld ein sensibles Thema. Die Antworten des Partners sollten daher nicht gewertet oder kritisiert werden. Auch hier geht es darum den Partner kennenzulernen. Bearbeitet die Fragen erst selbst und besprecht anschließend gemeinsam eure Antworten.
Wie war der Umgang und die Einstellung zum Thema Geld in meiner Herkunftsfamilie?
Wollt Ihr gemeinsam die Finanzen verwalten oder soll sich einer darum kümmern?
Wollt Ihr ein gemeinsames oder ein getrenntes Konto führen?
Wer wird der Verwalteter dieses Kontos?
Wie soll eure Finanzplanung konkret aussehen?
Wie wollt Ihr es mit den persönlichen Ausgaben halten?
Wie denkt ihr über Ratenkauf, Kredite, Schulden und Konto überziehen?
Welche Versicherungen braucht Ihr?
Wollt Ihr einmal ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung?
Was wärst Du bereit für einen Urlaub oder Auto auszugeben?
Zur Erinnerung
Ziel dieses Abschnitts ist es zu verdeutlichen wie wichtig es ist, einen angemessenen und gesunden Umgang mit Geld zu erlernen, zu verstehen, dass jeder ein anderes Verständnis davon hat und das es mit einem Finanzplan möglich ist die gemeinsamen finanzielle Situation aufzuzeigen und zu ordnen. So wird die langfristige Grundlage für eine finanzielle Freiheit geschaffen. Finanzielle Freiheit bedeutet nicht viel Geld zu haben. Sie ist Ausdruck eines angemessenen Lebensstils und gesunden Umgangs mit Geld..
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© Patrick Weidner 2007