Von der Erzieherin zur Mutter

Hallo lieber Leser,

neulich durfte ich für eine frühere Kollegin eine Abschiedsrede halten. Sie ist Erzieherin und kommt jetzt in den Mutterschutz. Inhalt der Rede sollte sein, was es für eine bisher kinderlose Erzieherin bedeutet, plötzlich in der Mutterrolle zu sein. Für mich persönlich war es eine weitaus größere Umstellung, als ich dachte. Meine bisherigen Erfahrungen habe ich in dieser Rede zusammengefasst.

Viel Spaß beim Lesen!


Der Alltag der Erzieherin


Die Nacht


Der Morgen


Der Vormittag

(um den Alltag einer Erzieherin im Vergleich zum Mutterdasein nicht ganz so entspannt darzustellen, nehme ich hier das Beispiel eines anstrengenden Vormittages)






Der Mittag



(auch hier weise ich darauf hin, dass das bald Vergangenheit sein wird)



Der Abend


Schick angezogen fahrt ihr zu einem schönen italienischen Restaurant, genießt das gute Essen und das angeregte Gespräch.

Anschließend geht es noch in einen schönen Kinofilm und dann nach Hause!


Naja, es ist ein bisschen spät geworden, aber was macht das schon; schließlich ist eines ganz klar: der Schlaf in der Nacht und der Mittagsschlaf am nächsten Tag sind dir gewiss.

(Ich muß sagen, diesen Satz zu schreiben fiel mir gestern besonders schwer, denn mein jetzt 8 Wochen alter Sohn lässt mich allerhöchstens….ach das erzähle ich dir lieber nicht!)



Schauen wir mal, wie daneben der Tag einer jungen Mutter aussieht

(in der verschärften Version, war diese Mutter in ihrem früheren Leben Erzieherin)


Die Nacht

Je nach Baby sind die Nächte mehr oder weniger schlafraubend und natürlich ist dann auch jede Nacht noch mal anders.



Der Morgen


Geweckt, ja, das wirst du, aber…

Mit lautem Geschrei geweckt

(klar, das Baby kann ja nicht sprechen (Übrigens, wenn es dann älter ist und sprechen kann, klingt das etwa so: “Mama, ich hab Hunger!“ –„Ja, gleich!“ – „Nein jetzt sofort!“)


Duschen, ja, das kannst du, aber..

In Eile und Hektik, da das Kind schreit oder schläft, aber jeden Augenblick aufwachen kann.

(Natürlich kann man es auch schreien lassen, aber auf Dauer nervt das so, dass man es doch schnell abstellen will; das Geschrei)


Frühstücken kannst du dann in Ruhe, wenn dein Kind schläft. Belassen wir es mal bei dieser Variante.


Mit lauter Lieblingsmusik in den Kindi fahren, ja, …

aber mit der Lieblingsmusik deines Kindes: im Babyalter die klassischen Kinderlieder, die du dann selber singst und später Conny, Benjamin Blümchen oder Ähnliches!


Irgendwann fängt man damit an, das Kind während der Autofahrt auf die Umwelt aufmerksam zu machen

(„Schau mal die Pferde, ein Braunes und zwei Schwarze, genau –das fördert die Wahrnehmung, das Kind lernt Farben und Mengen. Klar ist ja auch das Kind einer Erzieherin!)

Der Knaller ist, dass dir plötzlich alle Tiere, Traktoren und Laster unterwegs auffallen und du gerade den Mund öffnest, um es auszusprechen, als du noch rechtzeitig merkst, dass nur dein Mann im Auto sitzt oder noch schlimmer; gar keiner außer dir!



Der Vormittag


Das ist natürlich ganz unterschiedlich. Aber nehmen wir mal den Fall, dein Kind ist gerade in den Kindergarten gekommen.

(Im Folgenden rede ich hauptsächlich aus eigener Erfahrung!)


Mit genau 3 Jahren!

(Ja das ist peinlich, weil früher fandest du 3 Jährige eigentlich noch ein bisschen überfordert für eine Gruppe mit 28 Kindern.)


Aber wenn du ehrlich bist, freust du dich riesig darauf, endlich mal wieder ein paar Stunden am Tag für dich zu haben.

Aber, Aua, was tut denn da so weh? Ist denn das möglich: Dein Herz schmerzt! Dein kleines Baby, 3 Jahre lang von Dir umsorgt, gepflegt, erzogen, geprägt, ist jetzt neuen Einflüssen ausgesetzt!

Wird es das schaffen, kann es sich integrieren?

Und noch viel schlimmer: wird es sich benehmen?

Schließlich bist du doch Erzieherin. Da werden du und dein Kind sicher genau beobachtet.


Also, wenn es beim Verabschieden eine Szene macht dann übergibst du es ganz locker und souverän der Erzieherin und verlässt völlig entspannt den Kindergarten.

Dass du dich gleich im Anschluss bei der Nachbarin zum Kaffee einlädst, um gedanklich abgelenkt zu sein und um 10 Uhr noch mal im Kindi anrufst, um wie nebenbei zu fragen, ob alles gut läuft, muss ja keiner wissen.


Tja und mit dem Vesper ist das ja auch so `ne Sache.

Zuhause hat dein Schätzchen immer was bekommen sobald es Hunger hatte, doch im Kindi wird es im Stuhlkreis nichts mehr essen dürfen und das ist doch genau die Zeit, in der es sonst zu Hause noch mal Apfelschnitzchen bekommen hat.


Ja, ja, die Gefühle und Gedanken, die du plötzlich hast beschäftigen dich. Sollte es wirklich so ein großer Unterschied sein, zwischen der Sicht der Erzieherin und der Mutter, die doch eigentlich genau weiß, wie es im Kindi so abläuft?


Beim Abholen bist du so stolz auf dein Kind. Und am liebsten würdest du der Erzieherin Löcher in den Bauch fragen:

Aber du kannst dich gerade noch beherrschen, denn wenn das alle Eltern um 13 Uhr wissen wollten, dann kämen die Erziehrinnen nie nach Hause.

Du wartest also das Mittagessen ab, um dein Kind zu fragen wie es im Kindi war und erhältst ein einfaches: GUT Mama!


Der Mittag


(O.K. das ist nicht wirklich pädagogisch wertvoll, aber sich 5 Stunden um 30 Kinder kümmern ist eben doch nicht so anstrengend wie sich 12 Std um eines zu kümmern)…

kann so ein Mittag alles beinhalten.



Der Abend


Als Erzieherin weißt du natürlich, wie wichtig Rituale sind.

Deswegen hast du auch schon früh damit angefangen:

(alles mit Blick auf Förderung der Selbständigkeit, versteht sich),


(früher hast du auch noch eine Geschichte gelesen, aber das ist dir jetzt abends einfach zu nervig, du willst ja auch mal Feierabend).


Wenn dein Kind gut mitgemacht hat und nichts dazwischengekommen ist, kannst du gegen 20 Uhr auf dem Sofa sitzen- natürlich völlig erschöpft, neben dir noch einen Stapel Bügelwäsche und ein unbeantworteter Brief.


Doch wenn du dann später, bevor du ins Bett gehst, noch mal ins Kinderzimmer schaust und dein Kind selig schlafend im Bett liegen siehst,

dann überkommt dich ein warmes, zufriedenes Gefühl und du weißt, dass es richtig war, sich für ein Leben mit Kind zu entscheiden. Du liegst dann in deinem Bett und freust dich, wenn dein Kind am nächsten Morgen zu dir unter die Bettdecke kuschelt und dir ins Ohr flüstert: “Mama, ich hab dich lieb!“


Zum Schluss möchte ich dir für deinen neuen Lebensabschnitt noch ein paar Dinge mitgeben.

Es gibt nämlich doch das ein oder andere, was sich aus dem Erzieherleben in die Mutterrolle übernehmen lässt.

Dazu hängt hier ein rotes Seil als Leitfaden für das, was jetzt kommt.

Denn es ist immer gut, nicht planlos durchs Leben zu gehen:


Das habe ich früher den Eltern immer empfohlen, es ist schwer aber es lohnt sich!!!


Für die Mutterrolle benötigst du noch weitere Tipps:


Beziehungspflege,

denn die bleibt vor lauter Kind oft auf der Strecke. Von einer guten Ehe profitieren ganz besonders die Kinder.(Deshalb: Buch: „Die 5 Sprachen der Liebe“)


Gelassenheit –

Regeln, Grenzen, Förderung,… alles gut, aber bitte mit Gelassenheit, denn sonst erzeugt das Gute nur Druck in dir und bei deinen Mitmenschen (CD von Diego Torres zum Entspannen)


Transparenz und Ehrlichkeit

vor sich und der Familie (Tagebuch für dich), dann erkennst du, wann du Pausen brauchst


Gesunder Menschenverstand

(du wirst viel Gutes, aber auch viel Überflüssiges hören: in Krabbegruppen, von den Omas, von anderen Müttern;

wirst gute und weniger gute Bücher zur Erziehung lesen;


bei dieser Vielfalt ist es wichtig, sich auf seinen gesunden Menschenverstand zu verlassen, und sich auf das zu besinnen, was man selbst für gut und wichtig empfindet.


In diesem Sinne wünsche ich dir alles Gute für die Geburt und für deine neue Rolle als Mutter!


© Anja Weidner





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