Sinn und Zweck der Ehevorbereitung

Sinn und Zweck der Ehevorbereitung


Ehe ist heutzutage ein schwieriges Unterfangen. Unsere Gesellschaft fordert viel von den Paaren. Ständig steigende Anforderungen im Beruf, ein hoher gesellschaftlicher Druck und ein Wertesystem das sich ständig wandelt üben einen hohen Druck auf eine Ehe aus. Die stetig steigenden Scheidungszahlen zeigen, dass viele Paar zu schnell aufgeben und zu früh auseinander gehen. Andere Paare wagen erst erst gar nicht den Schritt in die Ehe. Wer eine heute eine Ehe führen möchte, die bis ans Lebensende hält, sollte gut darauf vorbereitet sein

Ehevorbereitung hat den Sinn und Zweck jungen Menschen ein Fundament an Werten und ein möglichst großes Maß an praktischem Handwerkzeug für die Ehe mit auf ihren Weg zu geben.

Die Ehevorbereitung ist ein Instrument, mit dem es möglich ist, konstruktive und wichtige Grundlagen für eine Ehe zu schaffen. Natürlich ist die Vorbereitung auf eine Ehe keine Garantie für eine lebenslang glückliche Ehe. Dennoch kann sie als Teil eines ganzheitlichen Systems Ehen und Familien stärken. Leider gibt es so ein ganzheitliches System in Deutschland bis heute nicht.


Wer bringt den jungen Menschen bei, Beziehung insbesondere Ehe zu leben?


Zahlen und Fakten


Eine Studie zum Thema “Ursachen und Folgen einer Scheidung“ hat folgende Gründe für das Misslingen einer Partnerschaft ermittelt:


  • Unerfüllte gefühlsmäßige Ansprüche an die Beziehung

  • Unterschiedliche Rollenbilder (besonders die familiäre Arbeitsteilung und die Verantwortlichkeit betreffend)

  • Unterschiedliche Erziehungshaltungen

  • Mangelnde Kommunikationsfähigkeit und fehlende gemeinsame Konfliktlösungsstrategien

  • Unterschiedliche Prioritätensetzung bezüglich Freizeit und Familie

  • Das starke berufliche Engagement vieler Männer sowie

  • Belastung durch die Arbeitssituation


Abb.1


Diese Studie spiegelt Ursachen wieder, die alle stark mit dem „aufeinander eingehen“ verknüpft sind. Daraus lassen sich folgende erforderliche Eigenschaften für Partner ableiten:



Sicher mögen die oben genannten Ursachen verschiedene Hintergründe haben, dennoch könnte ihnen präventiv entgegengewirkt werden. Würden diese Bereiche vorher angesprochen werden, wäre das Konfliktpotential um einiges geringer. Ein ehrliches und klärendes Gespräch räumt Mißverständnisse und Vorurteile aus. Es bringt ans Licht, wie der Partner denkt und fühlt. Es wird klar, dass eine Beziehung so lebendig ist wie das Leben selbst. Verständnis und Selbstverständnis werden positiv beeinflußt und tragen so zu einem breiteren Fundament in der Ehe bei. Wer sich kennt und annimmt hat gute Voraussetzungen, sich in Konflikten auf den Sachinhalt zu konzentrieren und muss nicht direkt oder indirekt Machtkämpfe ausfechten, die keinen gemeinsamen Nenner erzeugen, sondern den Streit ausweiten und emotionalen Verletzungen Tür und Tor öffnen.


Definition Ehevorbereitung


Aus Theorie und Praxis soll eine größere Sensibilität und Kompetenz für Beziehung, Ehe und ein offenes Miteinander erwachsen. Diese Sensibilität soll den Grundstock für eine stabile Ehe bilden. Das Paar soll die Fähigkeiten erlangen, sich durch die Augen des anderen zu sehen (Emphatie entwickeln), die eigenen Bedürfnisse und die des Partners wahrzunehmen und diesen angemessen zu begegnen, Konflikte gemeinsam, konstruktiv und nachhaltig positiv zu bearbeiten und dem Wachstum von anhaltender Liebe größtmöglichen Raum bieten.


Schemadarstellung der Absichten von Ehevorbereitung




Beziehungskompetenz

fördern




Konfliktfelder einer Partnerschaft aufzeigen




Aktuelle Beziehungs-

situation erkennen

Sensibilität und Kompetenz für die Beziehung fördern



Mit dieser Grundsteinlegung wird nicht nur die Beziehungskompetenz gefördert, auch die Meinungsbildung, die sich daraus ergeben kann ist wichtig für die Entwicklung des Paares und unserer Gesellschaft. Denken wir zum Beispiel an das Thema Geburtenrate. Die Paare, die eine glückliche Beziehung führen sind eher bereit Kinder in die Welt zu setzen. Das hat positive Folgen für die Zukunft unseres Landes.


Aus einer 2004 erstellten Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach geht hervor, dass 84 % der 18. Bis 44jährigen die Stabilität der Beziehung als eine der Voraussetzungen nennen, die unbedingt erfüllt seine sollten, ehe die Entscheidung für ein Kind getroffen wird. Diese Sicherheit ist jedoch heute nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv in vielen Fällen nicht mehr gegeben. Es ist kaum vorstellbar, dass die hohe Trennungsquote und die in vieler Hinsicht schwierige Situation von Alleinerziehenden keine Auswirkung auf die Kinderwünsche oder zumindest die Realisierung von Kinderwünschen haben. 2


Es ist mir wichtig das Thema Ehevorbereitung immer im Kontext mit dem sozialen Umfeld des Paares und der Gesellschaft zu sehen. Eine Ehe ist immer in ein Netzwerk aus verschiedensten Bereiche des Lebens eingebunden. So kann eine Ehe dieses Netzwerk positiv aber auch negativ beeinflussen. Ehe kann also auch Vorbildcharakter haben. Ein weiterer wichtiger Grund, weshalb eine Ehe von Anfang an gepflegt werden sollte.


Es geht bei der Ehevorbereitung im Wesentlichen um 3 präventive Haupt- und einen erhaltenden Nachsorgebreich:

Die drei präventiven Hauptbereiche:


  1. Beziehungskompetenz:

Die Beziehungskompetenz wird durch einen Methodenmix aus Theorie und praktischen Fragen zum kennenlernen (“Hätte ich das vorher gewusst“) des Partners gefördert. Hierbei ist es wichtig, dass der Berater oder das Beraterpaar immer wieder ihre eigene Geschichte und Ihre positiven wie auch negativen Erfahrungen und Erkenntnisse mit einfließen lassen. Über diesen Dialog wird ein hohes Maß an Echtheit transportiert, was bei dem Paar selbst zur Öffnung gegenüber dem Berater, aber auch gegenüber dem Partner beiträgt.

Frei nach dem Motto: Nichts ist so echt wie das Leben selbst!


  1. Konfliktfelder einer Partnerschaft

Hierbei geht es darum, dem Paar die möglichen Konfliktfelder einer Beziehung aufzuzeigen. Es werden die “Die 5 Klassiker“ (siehe folgende Seite ) behandelt. Diese 5 Themenbereich mit ihren Unterthemen sollen das Paar darauf sensibilisieren, zu welchen Themen ein dynamischer Gesprächsprozess in Gang gesetzt werden sollte. Die Themen sind so zu behandeln, dass das Paar umfassende Informationen an die Hand bekommt, mit welchen es Bezugspunkte zur eigenen Beziehung und den individuellen Ansichten über Partnerschaft schaffen kann.


Aktuelle Beziehungssituation erkennen:

Um einen der Realität entsprechenden Bezug zu schaffen ist es notwendig, bereits vorhandene Konflikte aufzudecken und gemeinsam mit dem Paar nach alltagstauglichen Ansätzen und Lösungen zu suchen. Dabei ist es wichtig, dass die Punkte 1 und 2 bereits mit einfließen. Denn sie bilden die Grundlage, auf der zukünftig Beziehung gesehen und Konflikte gelöst werden sollen.


Nachsorgebreich:

Begleitende Treffen in regelmäßigen Intervallen. Nach Beendigung der Ehevorbereitung, alle 4-6 Monate zum “Ehe-TÜV“ bzw. Qualitätscheck der Ehe. Hier soll geprüft werden, wie das Paar die erlernten Kompetenzen vertieft und angewandt hat. Standortbestimmung in den 5 Bereichen der “5 Klassiker“. Eventuelle korrigierende Maßnahmen des Beraters. Dauer etwa 2 Jahre.


2005 scheiterten die meisten Ehen bereits nach fünf oder sechs Jahren. Da hatten die Paare bereits eine Trennungsphase hinter sich gehabt. Die eigentliche Ursache für Scheidungen wird also früher gelegt. 4000 Paare lösten 2005 ihre Ehe sogar bereits nach weniger als einem Jahr. Hierbei wird klar, wie wichtig ein starkes Fundament in einer Ehe ist.


Eine gesunde Ehe allgemeingültig zu definieren ist nicht einfach. Nicht nur, dass es hier unterschiedliche Auffassungen je nach Land, Kultur und Reli­gion gibt, denen ein Mensch angehört, auch individuelle Unterschiede, wie Ge­schlecht, Alter, Art des Familienhintergrundes, sorgen für unterschiedliche Wahrnehmung und für unter­schiedliche Meinungen, was eine gesunde Ehe tatsächlich ist. Jeder Mensch definiert sie für sich anders.


Aus meiner Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass es Kernthemen einer Ehe gibt, die zumindest in dem mir bekannten Kulturkreis immer wieder Gesprächs- und Streitpunkte aufwerfen. Dazu zählen aus meiner Sicht die im Folgenden genannten „5 Klassiker“:



Diese Kernthemen gliedern sich entsprechend in verschiedene Unterthemen auf.

Als Grundlage für die Ehe dient ein gemeinsames Verständnis von Liebe. Nicht dass es eine vereinheitlichte Definition von Liebe gäbe, es geht mehr darum, was Liebe und Beziehung gelingen und wachsen läßt.

Wie bereits Eingangs zu lesen war, bietet die Bibel bei diesem Thema einen konstruktiven Leitfaden an, welchen ich als Wertegrundlage in der Ehevorbereitung aufgreife. Die Paare müssen nicht an den christlichen Glauben glauben, aber sie sollten bereit sein, sich mit christlichen Werten auseinander zu setzen und deren positiven Wert für ihre Partnerschaft zu entdecken.


Den Leitspruch die Werte betreffend habe ich dem 1.Korinther 13, 4-7 entnommen.



Die Liebe ist geduldig und gütig. Die Liebe eifert nicht für den eigenen Standpunkt, sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf. 5 Die Liebe nimmt sich keine Freiheiten heraus, sie sucht nicht den eigenen Vorteil. Sie lässt sich nicht zum Zorn reizen und trägt das Böse nicht nach. 6 Sie ist nicht schadenfroh, wenn anderen Unrecht geschieht, sondern freut sich mit, wenn jemand das Rechte tut. 7 Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit großer Geduld.“


Abb.3



Daraus ergeben sich folgende allgemeingültige Werte für eine Beziehung:







Diese Werte sollen dazu dienen, dem Paar näher zu bringen, welche Werte eine Beziehung zwischen Mann und Frau lebensfähig gestalten. Wie auch der menschliche Charakter von verschiedenen Werten geprägt ist, so sollte auch die Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen davon geprägt sein. Es sollte sich dabei um Werte handeln, die beziehungsfördernd sind. Haben beide Partner eine ähnliche oder gleiche Sicht von Werten, die in der Beziehung gelebt werden sollten, ist dies förderlich für das Wachstum, die Vertiefung und das gegenseitige Vertrauen in der Beziehung. Daher möchte ich die oben genannten Werte “Wachstumsförderer“ nennen.


Die im Folgenden genannten Themen sollen einen Eindruck vermitteln, was dem Paar an theoretischen Grundlagen zum Thema Persönlichkeit, Beziehung und Ehe vermittelt wird. Die Themen sind so gewählt, weil sie einen guten Querschnitt dessen repräsentieren, was eine Partnerschaft und Ehe ausmacht. Mit den Inhalten ist es möglich, den Ursachen für das Scheitern einer Partnerschaft konstruktiv entgegen zu wirken, weil sie beziehungsfördernd sind. Die oben genannten Werte fließen dabei an verschieden Stellen immer wieder mit ein. Alle Themen sind stark beziehungsorientiert und auf die Bedürfnisse junger Paare ausgerichtet.


Ehevorbereitung in welcher Form?


Ein Ehevorbereitungskurs kann sowohl als Kurs mit mehreren teilnehmenden Paaren, als auch mit einem einzelnen Paar abgehalten werden. Aus eigener Erfahrung hat sich jedoch die Variante mit einem einzelnen Paar sehr bewährt. Hier besteht die Möglichkeit einer intensiven und persönlichen Zusammenarbeit, was letztlich dem Paar dient. Die im Folgenden aufgeführten Themen werden dem Paar im persönlichen Gespräch vermittelt und als Arbeitsunterlage zur Nacharbeit ausgehändigt. Daher die häufig verwendete persönliche Anrede. So ist es für das Paar möglich, die Inhalte nochmals gemeinsam nachzuarbeiten und die Hausaufgaben zu bearbeiten. Diese Hausaufgaben werden beim nächsten Treffen gemeinsam besprochen. Die Nacharbeit der Hausaufgaben ist sehr wichtig, da hier Punkte zur Sprache kommen, die das Paar beschäftigen oder sogar für Konflikte sorgen. So werden aus der Theorie heraus Bezugspunkte in die Realität geschaffen. Es kristallisieren sich klare Schwerpunktthemen heraus, auf die wir als Berater entsprechend eingehen.


© Patrick Weidner 2007






3Die Gute Nachricht Bibel; 1.Korinther, 13, 4-7


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