Hintergründe zur Ehevorbereitung
Hintergründe die für eine Ehevorbereitung sprechen


Trennung und Scheidung gehören neben Arbeitslosigkeit, Krankheit und niedriger Bildung zu den großen wirtschaftlichen Risikofaktoren. Für die betroffenen Individuen wie auch für den Staat verursachen Trennung und Scheidung hohe Kosten und stellen die Solidargemeinschaft vor gravierende finanzielle und soziale Probleme. Deren Begrenzung und Lösung ist ebenso wichtig wie die Prävention und Beratung.“1



Zentrale Botschaft des 7. Familienberichts


Familien sind und bleiben die soziale

Mitte unserer Gesellschaft

Abb.2


Der negative Trend von steigenden Scheidungszahlen schadet unserem Land, unserer Gesellschaft und den davon betroffenen Menschen. Ich bin der Meinung, dass mit Ehevorbereitung bereits jungen Paaren eine Hilfestellung und Grundlage angeboten werden, die sich positiv auf den Start und den Verlauf der Ehe auswirken kann.

Davon ausgehend, dass die Ehe, also die Beziehung zwischen Mann und Frau, den Kern einer intakten Familie darstellt, und die Familie als Einheit zu den Grundbausteinen einer Gesellschaft gehört, ist damit zu rechnen, dass die steigende Zahl von Scheidungen nicht ohne Auswirkung auf den Verlauf und die Entwicklung unserer Gesellschaft und ihres sozialen Gefüges bleibt.


Ich möchte das an dem Beispiel eines Hausbaus verdeutlichen.

Ein Haus besteht aus verschieden zweckmäßig geformten Steinen. Sie sollen dazu beitragen, dass ein Haus stabil steht und seine Bewohner lange daran Freude haben. Werden die einzelnen Steine für den Hausbau nun immer schlechter und unpräziser geformt, werden Sie ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Langfristig wird das Haus Schaden nehmen. Ein Chaos wird entstehen.


In einer Ehe können Mann und Frau Werte leben lernen, die als Grundlage für die Familie dienen. Die Familie prägt grundlegend das Leben eines jeden Menschen unabhängig von der Gesellschaft, der Gesellschaftsschicht oder seiner Herkunft. Im Rückschluss muss das bedeuten, dass eine gesunde Gesellschaft nur durch gesunde Menschen getragen wird. Diese gesunden Menschen müssen aus gesunden Herkunftsfamilien erwachsen.


Ehen und Familien sind und bleiben, trotz verschiedener Alternativmodelle, wichtige Bausteine unserer Gesellschaft. Fehlen diese Bausteine oder sind sie mangelhaft ausgebildet, werden die Auswirkungen langfristig nicht ausbleiben.



Zielsetzung dieser Seiten


Mit diesen Seiten möchte ich aufzeigen, wie mit entsprechender Vorbereitung jungen Paaren ein guter Start in die Ehe ermöglicht werden kann.



Hypothese


Mit Ehevorbereitung kann man maßgeblich positiv Einfluß auf den

Beginn und den Verlauf einer Ehe nehmen und somit das Risiko

einer Scheidung erheblich reduzieren.



Um die Folgen einer Scheidung zu verdeutlichen, werde ich in den folgenden drei Abschnitten die Auswirkungen einer Scheidung für drei Hauptgruppen beleuchten. Es sind die Gruppen Partner, Kinder und Staat. Ich habe diese Bereiche gewählt, da hier die negativen Folgen einer Scheidung am stärksten zu finden sind.


Die Gruppen der von Scheidung Betroffenen


1. Die Partner


In dieser Gruppe möchte ich die Folgen aufzeigen, die für die Ehepartner auftreten. Eine Scheidung zieht oft großem emotionalem Stress, psychischem Druck und sogar physische Auswirkungen für alle Beteiligten nach sich. Das kann bis zur völligen Abkapselung von einem gesunden Sozialleben und dem Freundeskreis führen. Betroffene Menschen haben oft Angst davor eine neue Beziehung einzugehen und wieder neu einem Menschen zu vertrauen.


Zahlen und Fakten

Deutschland

2000

2001

2002

2003

2004

2005

Eheschließungen

418550

389591

391967

382923

395992

388000

Ehescheidungen

194408

197498

204200

213911

213691

201700

Abb.3


Zwar läßt sich 2005 ein leichter Rückgang an Scheidungen verzeichnen, doch meinen Experten des statistischen Bundesamt in Wiesbaden, dass es sich hierbei um einen demografischen Effekt handelt und dieser Trend sich erst bestätigen müsste. Laut Bericht der Leonberger Kreiszeitung vom 09.12.2006 sei die Quote der Ehescheidungen nach drei bis elf Jahren besonders hoch.


Unzählige Studien haben bewiesen, dass Scheidungen sowohl psychische, seelische als auch physische Schäden verursachen. Zwar wird sie je nach Ansicht unter bestimmten Voraussetzungen empfohlen (z.B. Gewalt und Mißbrauch in der Ehe und Familie) oder aber abgelehnt. Dennoch am Ende steht immer der Bruch zwischen zwei Menschen, die sich einst geliebt haben. Unabhängig, unter welchen Bedingen es zur Scheidung kommt, sind die Folgen für die Partner und evtl. vorhandene Kinder mehr oder weniger nachhaltig, wenn nicht sogar lebenslang prägend. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass die Auswirkungen einer Trennung nicht notwendigerweise an einen Trauschein gebunden sind. Das heißt, dass die oben ermittelten Zahlen sich noch um eine nicht ermittelte Anzahl von Trennungen der Paare erhöht die ohne Trauschein zusammen leben. Somit erhöht sich auch die Zahl der betroffenen Kinder.


Eine amerikanische Langzeitstudie der Professorin E.Mavis Hetherington unter 1400 Familien hat ergeben, dass Scheidungsstress deutlich das Immunsystem der betroffenen schwächt. Männer wie auch Frauen sind nach einer Scheidung anfälliger für Krankheiten wie Erkältung, Magenbeschwerden, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Lungenentzündungen, Hepatitis und Depressionen.

Neben den rein körperlichen Auswirkungen einer Scheidung, sind die seelischen und psychischen Folgen aller Wahrscheinlichkeit nachhaltiger und prägender auf die Gedanken und Gefühlswelt der Betroffenen.


Viele der Betroffenen leiden unter Ängsten (z.B. Bindungsängsten, Zukunftsängsten, Ängsten gegenüber dem anderem Geschlecht) und nicht gelösten Bindungen zum Partner. Das wirkt sich erschwerend auf die zukünftige Partnersuche und Beziehungsfähigkeit aus. So sind potentielle Grundsteine für eine gestörte Entwicklung in Beziehungen gelegt.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass durch Scheidung verursachte Störungen zu einem Rückzug aus dem Sozialleben führen können. Wenn Beziehungen zerbrechen leiden oft wichtige Fähigkeiten wie Vertrauen, der Glaube an Beziehung und Liebe darunter. Die betroffene Person zieht sich in sich zurück und gibt neuen Beziehungen nicht mehr den notwendigen Stellenwert. Die Vorstellung von Beziehung und Partnerschaft hat sich verändert. Und meist nicht zum Guten.

Die wiederum daraus entstehenden Probleme, wie z.B. Depression oder neurotische Verhaltensweisen stellen einen weiteren negativ belastenden Baustein für die Person dar. So ist es möglich, dass mit einer Scheidung ein “Teufelskreis“ in Bewegung gesetzt wird, der alleine nur schwer oder gar nicht zu durchbrechen ist. Fazit, die betroffene Person sollte Hilfe von außen annehmen um das Erlebte zu verarbeiten um nicht daran zu zerbrechen.


Auch wenn die Folgen einer Scheidung nicht immer so dramatisch ausfallen, bleibt doch die Tatsache bestehen, dass Trennungen immer negative Veränderungen mit sich bringen. Liebe trennt nicht. Liebe verbindet. Wird sie trotzdem getrennt, wird etwas zerstört. Es gilt, diese Zerstörung zu vermeiden, um Leid und negative Folgen zu verhindern. Deshalb ist es von großer Wichtigkeit Beziehungen von Anfang an so zu bauen, dass sie stabil stehen und ein Fundament bilden, auf das die Partner über viele Jahre hinweg aufbauen können. Ein gutes Fundament verträgt durchaus negative Belastungen und bietet somit eher die Voraussetzung dieselben besser zu verstehen und zu lösen.


Über weitere emotionale Störungen, die im Zusammenhang mit einer Scheidung auftreten können, wird im folgenden Abschnitt noch zu lesen sein. Obwohl die Störungen hier im Bezug auf die Auswirkungen auf das Kind vorgestellt werden, kann man davon ausgehen, dass etliche sich auch auf die Psyche des Erwachsenen auswirken.

2. Die Kinder


In dieser Gruppe sollen die Auswirkungen einer Scheidung auf Kinder aufgezeigt werden. Kinder sind im doppelten Maße von einer Scheidung betroffen. Zum einen erfahren sie die direkten Auswirkungen der Scheidung unmittelbar, und zum anderen kann die Scheidung eine nachhaltig negative Wirkung in ihrem Leben und ihrer Beziehungsfähigkeit entfalten.


Zahlen und Fakten


2005 waren über 170.260 Kinder unter 18 von der Scheidung ihrer Eltern betroffen. Kinder werden oft zum Spielball der Scheidungsmächte. Über dies hinaus wird ihr Urvertrauen in Sicherheit, Zuverlässigkeit und Geborgenheit langfristig gestört, wenn nicht sogar zerstört.


Erinnere dich zu jederzeit an die Worte Deiner Eltern

und bewahre sie in Deinem Herzen.“4


Genau das tun Kinder. Sie bewahren die Worte Ihrer Eltern in Ihren Herzen. Und nicht nur das. Auch alles Andere, was die Eltern getan oder nicht getan haben. Und nicht nur im Herzen. Die Seele, der Geist und somit die gesamte Persönlichkeitsentwicklung werden ebenfalls maßgeblich und nachhaltig von dem geprägt, was die Eltern vorleben.

Wie die Welt ist und wie sie zu sehen ist, wird in den jüngsten Jahren eines Menschen festgelegt. Zwar nicht unverrückbar, aber doch sehr tief verwurzelt. Ob ein Mensch zuversichtlich und optimistisch Problemen entgegensieht, oder ob er diese als Bedrohung seiner Person sieht und wie er seine Fähigkeiten einsetzt, diese Probleme zu lösen, wird maßgeblich durch die Eltern-Kind-Beziehung beeinflußt. Kinder bilden sich daraus, wie sie diese Beziehung und ihre Familie erlebt haben, ihre Meinungen, Ansichten und Gefühle. Davon leitet sie später maßgeblich ihre Sicht der Welt, des Lebens im allgemeinen und auch die Beziehung zu anderen Menschen ab.


Ich bin der Meinung, dass ein Kind gleichermaßen einen reinen und sehr empfindsamen Körper, Geist und Seele besitzt. Dieses kleine Wesen ist auf eine besondere und sehr behutsame Behandlung angewiesen. Diese hat in einem angemessenen Rahmen stattzufinden, um dem Kind die optimalen Voraussetzungen zu bieten sich geistig, körperlich und emotional positiv zu entwickeln.

Deshalb möchte ich diesem Kapitel etwas mehr Raum einräumen. Ich denke, dass Kinder als Individuen durch eine Scheidung mit einer Situation und Entscheidungsprozessen konfrontiert werden, für die sie selbst nichts können, auf die sie keinen direkten Einfluss haben und den sie letztlich hilflos gegenüber stehen. Hilflos deshalb, weil sie dieser Situation emotional nicht gerecht werden können. Sie sind in Ihrer Entwicklung noch nicht so weit, dass sie ein emotional stark belastetes Ereignis konstruktiv verarbeiten könnten. Sie werden überfordert. Wenn selbst Erwachsene mit den schweren Folgen einer Scheidung zu kämpfen haben, wie viel mehr leiden dann Kinder darunter. Sie sind Opfer der elterlichen Unfähigkeit, die Ehe so zu gestalten, dass diese als Kern der Familie eine gute Frucht hervorbringt. Deshalb müssen Kinder vor solchen Ohnmachtssituationen geschützt werden. Ein weiterer wichtiger Grund, das Thema Ehevorbereitung in das Bewusstsein junger Paare zu rücken.


Aus der medizinischen Forschung wissen wir, dass Kinder, deren familiäres Gleichgewicht gestört ist, in einem höheren Maße mit Auswirkungen auf ihre Psyche zu kämpfen haben. Da eine Scheidung in hohem Maße eine solche Störung darstellt, möchte ich hier einige dieser Störungen und ihrer entsprechenden Auswirkungen aufzeigen. Bei der Auswahl der Störungen möchte ich mich darauf konzentrieren die zu nennen, welche auch noch im Erwachsenenalter erheblichen Einfluß ausüben können.


Im Folgenden möchte ich nun einige mögliche Störungen des emotionalen Gleichgewichts und ihre Auswirkungen auf Psyche und Körper vorstellen.



Tics:

Unter Tics versteht man unwillkürlich, jedoch rasch koordinierte Bewegungen, die in unregelmäßigen Abständen bestimmte Muskelgruppen erfassen. Als mögliche Ursachen kommen

Überforderung, Einengung der motorischen Entwicklung oder eine starke Mutterbindung in Frage.

Genitale Manipulation:

Hierbei handelt es sich um eine Verhaltensstörung, die vorwiegend im Vorschulalter auftritt. Meist handelt es sich um eine Spielonanie ohne Orgasmus. In späteren Jahren kommt es häufig in der Folge zu gewohnheitsmäßigen Manipulationen mit einem Orgasmus. Als Ursache kommen u.a. Langeweile, seelische Mangelsituationen, unzureichende Spielmöglichkeiten oder sexuelle Probleme der Eltern in Betracht.

Bluthochdruck

Bluthochdruck ist in vielen Fällen die Folge von lange anhaltendem Stress sowie psycho-physiologischen Belastung. Häufig findet man in diesen Fällen, dass Aggressionen nicht zum Ausdruck gebracht werden können. Als Ursachen kommen u.a. Liebesentzug, familiäre Stresssituationen.

Neurotische Störungen

Unter Neurosen versteht man ein durch Lernvorgänge ausgelöstes Fehlverhalten. Verhaltensdefizite, Vermeidungsverhalten, schlechte Gewohnheiten und untaugliche Bewältigungsstrategien führen über Fehlkonditionierung (Konditionierung bedeutet die Erzielung gleichen Verhaltens durch Ersatzreize und löst somit die konditionierte Reaktion aus.) zu einer Störung. Unbewusst werden Abwehrmechanismen installiert, die ein Bewusstwerden dieser Konfliktstrategien verhindert.

Magen- und Darmgeschwüre

Schmerzhafte Verluste, die nicht verarbeitet wurden oder werden konnten, können eine solche Erkrankung hervorrufen. Auch hohe Leistungsanforderungen und die Angst vor der Übernahme von Verantwortung können Auslöser sein.

Einnässen, Einkoten und Verstopfung

Erscheinungen dieser Art können vielfältige Uraschen haben. Zum Beispiel starke Ängste, Überforderung, Depressionen oder Störungen im familiären Umfeld. Häufig können auch übertriebene Strenge in der Erziehung, mangelnde Zuwendung oder Liebe oder unausgelebte Aggressionen sein.

Schlafstörungen

Schlafstörungen können einen Hinweis auf Trennungsängste oder ein emotinlaes Ungleichgewicht geben.


Abb.5

Nach dem tiefenpsychologischen Ansatz von Freud hat es schwerwiegende Folgen die sich aus einem Defizit an Liebe, Zuwendung und Aufmerksamkeit in der jeweiligen Entwicklungsphase (Orale- , Anale- , Ödipale- , Latenzphase sowie Pubertät) eines Kindes ergeben. In diesen verschieden Phasen wird unter anderem geprägt welches Selbstwertgefühl, wieviel Ängste und positive Lebensmotivation, soziale Kompetenz, positives Körpergefühl, gesundes Sexualverständnis und positive Sicht der eigenen Identität ein erwachsener Menschen haben wird.


Zusammenhang zwischen Störungen und Beziehungskompetenz


Eine Studie der amerikanischen Entwicklungspsychologen M.Brent Donnellan, Dabelle Larsen-Rife und Rand Conger zeigt den starken Zusammenhang zwischen einer glücklichen Kindheit und späterer Beziehungskompetenz deutlich auf.


Im Rahmen einer Studie über den Übergang vom Jugend- in das Erwachsenenalter wurden 1994 die Eigenschaften von 17- bis 19-jährigen Jugendlichen sowie das elterliche Beziehungsverhalten und die Eltern-Kind-Beziehung erfasst. Zusätzlich wurden in den Jahren 1999 und 2001 die Partnerschaften den nun Erwachsenen untersucht. Am ende konnten sie die Forscher auf die individuellen und familienbezogenen Daten von fast 250 Paaren stützen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Eigenschaften „positive Emotionalität“ Leistungsmotivation, zwischenmenschliche Freundlichkeit, soziale Orientierung, Optimismus und Fröhlichkeit) im Jugendalter zu einer hohen Beziehungsqualität in den Jahren 1999 und 2001 führte, während sich „negative Emotionalität“ (Aggressivität, Misstrauen, Ängstlichkeit und Nervosität) nachteilig auf die spätere Beziehungsqualität auswirken.

Deutliche positive und negative Einflüsse hatte aber auch das Eheverhalten der Eltern, und am stärksten schien sich elterliche Erziehung auszuwirken. Fürsorglich erzogenen Kinder und Jugendliche führten als Erwachsene die glücklichsten Beziehungen. Die Befunde bestätigen damit, dass stabile individuelle Persönlichkeitseigenschaften und familiäre Einflüsse die spätere Beziehungskompetenz von jungen Erwachsenen zumindest teilweise mitbestimmen.“6


Wie die obige Studie zeigt, reichen die negativen Auswirkungen auf die Bindungsfähigkeit von Scheidungskindern nicht selten bis ins Erwachsenenalter hinein. Scheidungskinder sind somit potentiell eher gefährdet, wieder eine Scheidung zu verursachen und den “roten Faden“ ihrer Herkunftsfamilie weiter zu leben, als Kindern aus “gesunden Familien“.


Diese Studie beweist letztlich in Zahlen, was Psychologen und Familientherapeuten schon lange wissen. Die Herkunftsfamilie legt das Fundament zur späteren Beziehungsfähigkeit. Und somit auch das Fundament, Beziehungen und Ehe erfolgreich zu leben.


Abschließend möchte ich die Entwicklungsphasen eines heranwachsenden Menschen mit einem Bild beschreiben. Stellen wir uns vor ein Mensch besteht aus verschiedenen Gefäßen. Jedes Gefäß ist dafür bestimmt, zur entsprechenden Zeit mit entsprechend wichtigem Inhalt gefüllt zu werden. Zum Beispiel ist es im ersten Lebensjahr von großer Bedeutung, die Gefäße Nähe, liebevolle Zuwendung, Geborgenheit und Pflege durch eine Bezugsperson zu füllen. Gerade in dieser Zeit wird durch die Befüllung dieser Gefäße ein Urvertrauen aufgebaut. Der Verlauf dieser Phase nimmt grundlegenden Einfluß auf die Entwicklung der kognitiven und emotionalen Fähigkeiten sowie der Bildung des Selbstwertgefühls eines Menschen. Werden diese Füllungen mangelhaft oder gar nicht gegeben oder durch äußere Einflußfaktoren stark gestört, kann dies zu Störungen in der Identitäts- und Charkaterentwicklung führen.

Alle Gefäße zusammen ergeben später wichtige Zutaten für eine ausgewogene Persönlichkeit. Werden einzelne Gefäße nur teilweise, gar nicht oder mit dem falschen Inhalt gefüllt, wird die Persönlichkeit unausgewogen und unvollständig. Bis zu einem Gewissen Grad ist das Fehlen von Inhalten ohne weiteres kompensierbar. Fehlt jedoch zu viel, oder sind die Gefäße mit dem falschen Inhalt gefüllt, kommt es zu Dysfunktionen in einem oder mehreren Bereichen des Menschseins und seiner Persönlichkeitsentwicklung. Diese Dysfunktionen können unter anderem bei der lebenslangen Entwicklung des Menschen Beziehungsunfähigkeit, Identitätsprobleme, sexuelle Fehlhaltungen, Lebenslügen, Verletzungen, Minderwertigkeit und Mißtrauen hervorrufen.


3. Der Staat


So privat und persönlich eine Scheidung auch ist, so öffentlich sind ihre Auswirkungen. Insbesondere für den Staat und das soziale System. Wie hinlänglich bekannt ist, verursacht eine Scheidung in den meisten Fällen Kosten. Das sind nicht nur finanziellen Kosten für einen Rechtsstreit, sondern auch Folgekosten wie Unterhaltskosten, Kosten im medizinsch-sozialen Bereich oder Folgen wie bereits oben beschrieben, die sich auf das Sozialgefüge im allgemeinen auswirken. Mit letzterem ist gemeint, dass Scheidungen Menschen immer direkt oder indirekt schaden.


Zahlen und Fakten


Einem Bericht der Leonberger Kreiszeitung ist zu entnehmen, dass der Staat 2005 über 800 Millionen Euro an Unterhaltsvorschüssen zahlen mußte. Das ist doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Zwar handelt es sich nur um Vorschüsse, die sich der Staat wieder zurückholen kann, doch mehr als insgesamt 157,3 Millionen Euro wurden 2005 nicht wieder eingeholt.


Abb.7


Es davon auszugehen, dass Kosten die mit dem Thema Scheidung im Zusammenhang stehen, die staatlichen Kassen mit weit über 1 Milliarde Euro jährlich belasten.


Zu den Kosten gehören auch die Belastungen aus dem Gesundheitswesen, die durch Scheidung verursacht werden. Wie bereits angeführt wurde, ist Scheidung auch immer mit emotionalen und körperlichen Störungen verbunden. Menschen, die körperliche und/oder psychische Störungen haben, werden das Gesundheitssystem in irgendeiner Art und Weise beanspruchen.


Der Rückschluß daraus könnte sein, dass diese Kosten zukünftig weiter ansteigen werden, sollten keine sinnvollen Maßnahmen ergriffen werden, die diesen Trend stoppen.

Neben den finanziellen Folgen sind auch, moralische Folgen die Wertebildung der Gesellschaft betreffende, sowie soziale Folgen zu erwarten. Es sind nicht nur die Kosten, die den Staat belastet, sondern auch die Tatsache, dass die Scheidungsrate langfristig ein Indikator dafür ist wie Fähigkeiten der Menschen sind, verbindlich Beziehungen zu leben. Dieser Indikator kann ein Gradmesser für die Gesundheit einer Gesellschaft und Ihre gelebten Werte sein. Die Gesundheit einer Gesellschaft schließlich entscheidet ihre Leistungsfähigkeit. Wie werden Kinder aus einer gescheiterten Ehe und Familie geprägt? Wie werden sich diese Prägungen und Erfahrungen längerfristig auf unsere Gesellschaft auswirken?


Prof. Dr. Dr. Dr. Fthenakis (Mitglied der Sachverständigenkommission für den Siebten Familienbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.) sagte dazu in seinem Vortag "Hat Familie Zukunft?" auf einer CSU-Klausurtagung am 11.01.2000 folgendes:


Staatliche Hilfen und Interventionsmaßnahmen für Familien sind bislang eher restaurativ und weniger präventiv orientiert. Eine künftige Familienpolitik sollte präventiv orientiert sein und der Familie in den frühen Phasen ihrer Entwicklung helfen, Kompetenz zu erwerben, um mit Veränderungen im Laufe ihrer Entwicklung und mit Belastungen in ihrem Leben angemessen umzugehen.

Der Einsatz von solchen Hilfen kann unmittelbar zur Reduktion des sozialen Risikos und damit auch zur Reduktion der hohen sozialen Kosten führen. Dabei kann es nicht darum gehen, die "betreute Familie" als neues familienpolitisches Ziel zu definieren. Vielmehr muss es darum gehen, der Familie früh genug die Hilfe zukommen zu lassen, die ihr erlaubt, autonom und in eigener Verantwortung ihr Schicksal in die Hand zu nehmen.“8


Mit der Aussage von Prof. Dr. Dr. Dr. Fthenakis möchte ich nochmals bekräftigen, dass sich bezüglich des Themas Scheidung bei den staatlichen Stellen eine Haltung der Prävention durchsetzen muss. Bisher fehlt ein konkretes ganzheitliches Konzept.


Aus meiner Sicht gehört zu einem ganzheitlichen Konzept positive Rahmenbedingungen für junge Familien zu schaffen. Dazu gehören auch die Erkenntnissse, die der Staat aus den rastaurativen Maßnahmen gewinnen könnte. Es gilt diese Erkenntnisse in ein Konzept umzusetzen, welches einen präventiven Ansatz verfolgt. Denn so lange die Scheidungsrate weiter stetig steigt, wird es schwer sein, positive Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Nachhaltigkeit einer Scheidung und aller in Mitleidenschaft gezogenen Lebensbereiche, kann ein starker Einflußfaktor auf die Bildung dieser positiven Rahmenbedingungen sein. Um die Bildung dieser Rahmenbedingungen zu begünstigen müssten Angebote und Maßnahmen, die zur Stabilisierung einer Ehe beitragen, angeboten werden. Die Ehe ist es, die für ein sicheres und beständiges Fundament für die Familie und die heranwachsenden Kindern sorgt. Gerade hier macht sich der sinnvolle Umgang mit dem Start in eine Ehe auch für den Staat bezahlt. Dabei geht es nicht nur um die Erfüllung politischer Ziele, sondern viel mehr um die positive Wirkung auf den Menschen und das Systems in dem er lebt.

Aus diesem Grund sollte das Thema Ehevorbereitung ein fester Bestandteil des familien-politischen Programms des Bundesfamilienministeriums sein. Vor diesem Hintergrund sollte sich ein zukünftiges Handeln darauf konzentrieren, Ehen stabil und (über)lebensfähig zu gestalten und Angebote zu schaffen die junge Ehepaare bei Ihrem Start in die Ehe unterstützen. Die positiven Auswirkungen für die Ehen, Familien und unsere Gesellschaft werden nicht ausbleiben.


© Patrick Weidner 2007


3Abb. Statistisches Bundesamt, http://www.destatis.de

4Hoffnung für Alle - Bibel , Sprüche 6,21

5 Abb. Die Definitionen sind den Unterlagen des IBW Studiengangs Ehe- und Familientherapeut, dem Ordner „Praxis der Ehe- und Familientherapie“, Kapitel 10 entnommen.


6 Psychologie heute compact 2006 Heft 15; Seite 65; Beitrag: Der Einfluss der Eltern


7Abb. Leonberger Kreiszeitung, 24.11.2006


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